Fotografien: Reinhard Langschied
Fotografien: Reinhard Langschied
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Fotografien: Reinhard Langschied
80 Jahre – Klaus „Ojo“ Panzner
von Wilma Rücker
In diesem Jahr würde unser geschätzter Künstlerfreund Klaus „Ojo“ Panzner seinen 80. Geburtstag begehen. Aus diesem Grunde wird im Jahr 2023 an seine vielfältige Kunst erinnert. Es sind nicht nur seine immens zahlreichen Ansichten, die er in unserer Region und weit darüber hinaus geschaffen hat, er war auch persönlich sehr beliebt und geschätzt. Etwa 3.000 Motive, ausschließlich Druckgrafik, Radierungen, sind es, die sich in seinem vielgestaltigen Nachlass befinden.
Er starb viel zu früh, denn viele eifrige Sammler seiner von Hand kolorierten Radierungen sowie auch seine Aquarelle und Handzeichnungen vermissen ihn sehr. Sein besonderes Alleinstellungsmerkmal war über lange Jahre das kleine Bildformat auf dem er Einblicke in dörfliche Häuserszenen oder den Blick auf markante Gebäude akribisch genau festhielt. Sogar die Nebensächlichkeiten wie Mülltonnen am Straßenrand, Baukräne und Antennenanlagen sowie diverse Baustellen hielt er in den jeweiligen Momenten der Bearbeitung in seinen Motiven fest. Somit sind diese baulichen Veränderungen besonders in älteren Wohngebieten inzwischen wertvolle künstlerische Zeitdokumente, die er uns, seinen Sammlern und Liebhabern seiner heute seltenen Kunst damit hinterließ.
Er gestaltete seine Radierungen noch in guter handwerklicher Manier und stets vor Ort. Nie am PC. Nach seiner Motivwahl zeichnete er das gewünschte Objekt zunächst seitenverkehrt, mit Blick in einen Panoramaspiegel, auf eine dafür vorbereitete Metallplatte. In seinem Atelier angekommen, vollendete er aus diesem immer vor Ort vorgezeichneten Motiv die behandelte druckfertige Platte, auf der er in diffiziler Kleinarbeit und abwechselnd diversen Radier-Begleittechniken (u. a. Vernis Mou, Kaltnadel und Aquatinta) das gewählte Motiv vorsichtig abdruckte. Noch in echter feiner Handarbeit. Das machen heute nur noch ganz wenige akademische Künstler. Der heimische PC sowie der moderne Print hat heutzutage vieles leichter, schneller und somit auch auf Dauer gesehen, die Werke vieler Künstler nicht gerade wertvoller gemacht. Nicht so bei Klaus „Ojo“ Panzner. Er suchte nach dem Druck des Blattes auf Büttenpapier noch einmal den gewählten Malerwinkel wieder auf und kolorierte eigenhändig das Blatt in den jeweiligen Farben der Tages-, oder der Jahreszeit sowie im Licht des Momentes. Akribisch, so wie er zeit seines Lebens war, nummerierte und signierte er die gedruckte Auflage und bot sie in regionalen Galerien, auch manchmal im erweiterten Freundeskreis zum Kauf an. Es waren immer nur kleine Auflagen, oft nur in etwa fünf bis 15 Exemplaren, alle einzeln und von Hand gedruckt, die er für jeden Betrachter mit erkennbaren Ansichten und feinen typischen Details aus der Region schuf. So bleibt uns das Besondere seiner Radierungen sowie auch in Unikaten (lavierten Federzeichnungen, Aquarellen, Handzeichnungen) aus seiner kreativen, künstlerischen, talentierten und stets fleißigen Hand erhalten. Auch der Fotografie wandte er sich zeitweise zu und schuf beeindruckende schwarz-weiß Motive.
Die Domstadt Limburg sowie die Grafenstadt Diez sind im Besitz einiger seiner inzwischen wertvollen und selten gewordenen Ansichten. Der Limburger Dom sowie der spezielle Blick in die verwinkelte Altstadt, seiner langjährigen eigenen Wohnstätte, die sich damals in der allumgreifenden Sanierungs- und Erhaltungsphase befand, machten den Anfang seiner nachfolgend unglaublich vielen Städte- und Ortsansichten. Das Grafenschloss über der Altstadt von Diez, das Weilburger Schloss mit den herrlichen Gartenanlagen sowie die düster wirkende Runkeler Burg, Bad Cambergs verwinkelte Gassen, Gotteshäuser und Häuserzeilen, Schloss Braunfels und Idsteins typische bauliche Merkmale, Frankfurt und sogar Blicke nach Venedig zählen zu seinen herausragenden regional- und auch überregionalen Motiven. Klaus Panzner hat unzählige Ansichten von den genannten Orten, ihrer umliegenden Stadtteilen und Ortsgemeinden, wie beispielsweise Hahnstätten, Katzenelnbogen, Holzappel, Nassau, Villmar, Elz, Hadamar sowie viele weitere und unzählige Ansichten kleiner Orte des Westerwaldes, aus dem Taunus und der ganzen Lahngegend angefertigt. Oft hat er die Sammler seiner Kunst persönlich bedient. Er hat außerdem viele bereits begonnene Druckwerke aus seinem reichhaltigen Oeuvre in seinem künstlerischen Erbe der Stadt Bad Camberg hinterlassen. Er war, wie einst vor 400 Jahren Matthäus Merian – ein Chronist – aber ein ganz genauer und besonderer Chronist der Neuzeit und unserer Region.
In aktuellen Gedenk-Präsentationen erinnern einige Städte im Jahr 2023 an seinen 80. Geburtstag mit originalen Handzeichnungen, lavierten Federzeichnungen oder auch dezent kolorierten Druckgrafiken an seine Fähigkeiten der fast ausgestorben Radierkunst, mit der er bereits in den frühen Jahren seines Schaffens in Limburg, während den ersten schöpferischen Betrachtungen über Limburgs Altstadt, seinem damaligen langjährigem Wohnort am Fischmarkt, schuf. Viele Besucher werden sich kaum in den Dachlandschaften, verwinkelten Hinterhöfen und Straßenzügen, oft aus der Vogelperspektive gesehen, auf Anhieb zurechtfinden oder auskennen.
Für das Geburtstagsjahr (20. Oktober 1943–2023) sind einige Gedenkveranstaltungen für ihn zu seinem 80. Geburtstag vorgesehen. So in Ausstellungen in Bad Camberg, und in Limburg, wo er lange Jahre im dortigen Brückenturm lebte und arbeitete.
Der Kulturverein Staffel machte bereits den Anfang mit Gedenken an Klaus „Ojo“ Panzner zum 80. Geburtstag mit einem Kalender für das Jahr 2023 mit ausschließlich Staffeler Motiven, die von ihm in den 40 Jahren seines kreativen Hierseins geschaffen wurden. Auch die Burgenstadt Runkel schloss sich an, seine dortigen Kunstfreunde erstellten einen Kalender mit Motiven, die Runkel und Schadeck in den Blick nehmen. Er ist nicht vergessen. Seine Beliebtheit setzt sich auch nach seinem noch Tode fort und mehrere Events, auch in Bad Camberg, mit Blick auf sein Werk, erinnern an ihn, den „Merian der Neuzeit“.
Zur Namensgebung/Signatur „Ojo“: Klaus Panzner signierte zunächst um 1978 in seinen ersten meist ortsbezogenen Grafiken mit dem Kürzel seiner damaligen Galerie mit „NO“. Das bedeutete „N“ für Nada – was etwa so viel bedeutete wie „Nichts“, für Klaus Panzner. „O“ stand für Olvido, seine damalige Ehefrau Maria „Olvido“ Rodrigues-Solar. Nach der Trennung der Beiden signierte er zunächst noch mit „Nada“ – (nichts), später jedoch mit „Ojo“. Gesprochen Ocho. Das bedeutet Auge – in der spanischen Sprache, was bei ihm so viel ausdrückte wie „Ich habe jetzt den Durchblick“. (So seine eigene Aussage)
Vita
Klaus Panzner wurde am 20. Oktober 1943, mitten im Krieg, in Dresden geboren. Seine Eltern flüchteten damals in den Wirren des Nachkriegsgeschehens mit drei kleinen Kindern und fanden über Umwege in Schwickershausen/Bad Camberg eine neue Heimat. Nach seinem Studium der bildenden Kunst bereiste er mit seiner damaligen Studienkollegin und späteren Ehefrau Maria Olvido Rodriguez-Solar, eine Künstlerin aus Valencia, viele europäische Länder, bis sie sich in Limburg gemeinsam selbständig machten, ein altes Fachwerkhaus am Fischmarkt erwarben, eigenhändig sanierten und zunächst ihr Wissen und Können als Papier- und Gemälderestauratoren anboten. So peu á peu gestalteten sie besagte kleine Ansichten von allen möglichen Orten der Region, die sie damals, um 1977, in zwei klitzekleinen Schaufenstern zeigten, die von einem kunstsinnigen und aufmerksamen Publikum entdeckt und geschätzt wurden. Unzählige Ausstellungen in Limburg, Frankfurt, Elz, Weilburg, Bad Camberg, weiteren Orten und Galerien boten den Blick auf die Werke beider Künstler, auf ihre meist kleinen und reich bebilderten Arbeiten.
Leider trennte sich einige Jahre später das beliebte und inzwischen populär gewordenen Künstlerehepaar. Ihr liebevoll eigenhändig saniertes Haus wechselte den Besitzer. Olvido Solar zog zunächst in ein großes Atelier direkt an der Lahn, später in den süddeutschen Raum. Klaus Panzner blieb hier in der Region wohnhaft und erfreute sich weiterhin seiner wachsenden Beliebtheit unter den Sammlern seiner Kunst. Er arbeitete Lange Zeit im Limburger Brückenturm, danach wechselte er nach Schwickershausen und später in eine eigene kleine Wohnung in Bad Camberg, in der Pommernstraße.
Er starb plötzlich und unerwartet nach einem Unfall am 31. Juli 2016 in der Nähe von Grafrath in Bayern. In seinem Testament verfügte er, das sein materielles Erbe jungen Kunststudenten in bestimmten Summen über Jahre hinweg ihre Ausbildung unterstützen soll. Seine begonnenen Druckwerke sind noch in großer Anzahl in Bad Camberg vorhanden, werden dort bewahrt, verwaltet und der Erlös diverser Verkäufe kommt somit den jungen Künstlern zu Gute.